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Medienmitteilung der AEROPERS-SwissALPA vom 31. Juli 2022

Einigung zwischen AEROPERS und SWISSGAV deutlich abgelehnt - wie lange fliegen die SWISS-Piloten ohne gültigen Gesamtarbeitsvertrag noch weiter?

Seit dem 1. April 2022 fliegen die Piloten der SWISS ohne gültigen Gesamtarbeitsvertrag.Nachdem die Geschäftsleitung der SWISS die erste Einigung zwischen den Parteien im Februar verworfen hatte, haben nun die AEROPERS-Mitglieder den vorgelegten GAV2022 ihrerseits abgelehnt. Der AEROPERS-Vorstand fordert nun zügige Nachbesserungen des abgelehnten Vertrages zugunsten der Pilotinnen und Piloten, damit die Stabilität des Flugbetriebes über den Sommer und den Herbst sichergestellt werden kann. 

Hätte die Geschäftsleitung der SWISS das erste Verhandlungsergebnis vom Februar (Memorandum of Understanding) angenommen, dann wäre am 1. April ein neuer GAV in Kraft getreten und die SWISS-Piloten hätten nahtlos in einen neuen Vertrag gewechselt. Trotz Ablehnung des ersten Verhandlungsresultates durch SWISS ist die AEROPERS damals an den Verhandlungstisch zurückgekehrt und die Pilotinnen und Piloten sind seit Anfang April auch ohne die Sicherheit des Gesamtarbeitsvertrages zuverlässig und professionell weitergeflogen.

GAV2018 war krisenfest und dessen Kündigung ein Fehler
Den GAV2018 hatte die Geschäftsleitung der SWISS Anfang 2021 mit der Begründung gekündigt, dieser sei nicht krisenfähig. Schlussendlich ist SWISS mit eben diesem GAV2018 erfolgreich durch die Krise geflogen. Überdies konnten während der Pandemie zahlreiche notwendige Sonderlösungen rasch zusammen mit AEROPERS gefunden und umgesetzt werden. Der nun mit einem Nein-Stimmenanteil von 80,5% abgelehnte GAV2022 beinhaltete primär Anpassungen, die in guten Jahren den Cockpitmitarbeitern die Gewinnbeteiligung kürzen und noch schnelleres Wachstum auf Kosten des Bestandespersonals ermöglichen sollte. Entgegen den Äusserungen der Geschäftsleitung im Vorfeld der Verhandlungen, hat das sehr wenig mit Krisenbewältigung zu tun.

Transparenz dank Abstimmung
Der AEROPERS-Vorstand betrachtete den nun abgelehnten GAV2022 unter Berücksichtigung der Entwicklungen der letzten Monate bereits im Vorfeld als unausgewogen. AEROPERS hatte noch vor der Publikation des GAV mit drei zusätzlichen Massnahmen versucht, die Ausgewogenheit zu verbessern. Die Geschäftsleitung der SWISS hatte diese Vorschläge aber abgelehnt. Trotzdem hat das leitende Organ des Pilotenverbandes beschlossen, den Vertrag den Mitgliedern zur Abstimmung vorzulegen. Denn erst dadurch, dass die Mitglieder über diesen GAV2022 abstimmen konnten, entstand die notwendige Transparenz. «Nur so konnten unsere Mitglieder schwarz auf weiss sehen, was ihre zuverlässige Arbeit der Geschäftsleitung wert ist», sagt Clemens Kopetz, der Präsident von AEROPERS.

Abhängigkeit der Piloten von der SWISS und fehlende Zukunftsperspektiven
Dass sich die äusseren Bedingungen in den letzten Wochen sehr rasch verbessert haben, ist von der Geschäftsleitung der SWISS nicht berücksichtigt worden. Da die Regelungen im GAV grösstenteils unbefristet sind, fehlten den Angestellten die Perspektiven. Es ging der Geschäftsleitung offensichtlich darum, die Arbeitsbedingungen der Pilotinnen und Piloten auch weit über die Krise hinaus nachhaltig zu verschlechtern. Im Gegensatz zu Managern, welche durch Stellenwechsel ihre Position und Einkommen verbessern, können Piloten und Pilotinnen ihre Arbeitgeber nur mit grossen Einbussen wechseln und sind stark von ihrer Arbeitgeberin abhängig. «Den offensichtlichen Willen der Geschäftsleitung, diese Abhängigkeit in der Krise auszunutzen, hat die Mehrheit der Mitglieder offenbar nicht goutiert», ergänzt der Präsident des Pilotenverbandes.

Grosses Dilemma für Pilotinnen und Piloten
Die Pilotinnen und Piloten der SWISS fanden sich in einem fast unlösbaren Dilemma wieder, denn die Optionen bei der anstehenden GAV-Abstimmung waren beide schwierig. Die bittere Pille der Geschäftsleitung einfach zu schlucken und dem Vertrag zuzustimmen hätte zwar in der geopolitisch schwierigen Situation eine gewisse Sicherheit gebracht. Es hätte die Führung der SWISS aber auch dazu motiviert, mit ihrem Personal weiter so umzugehen wie bisher. Die Ablehnung führt nun aber dazu, dass die Ungewissheit über die vertragliche Zukunft bestehen bleibt und es offen ist, wie stabil der Flugbetrieb in den nächsten Wochen sein wird.

«Die Pilotinnen und Piloten der SWISS befinden sich in einem grossen Dilemma», sagt Henning M. Hoffmann, der Geschäftsführer der AEROPERS. «Einerseits müssen sie der Geschäftsleitung offenbar noch deutlicher zeigen, dass sie unzufrieden sind, andererseits wollen sie der eigenen Firma und den Kundinnen und Kunden nicht schaden».

Die Präsentation der Halbjahresresultate der SWISS steht an
Die Präsentation der Halbjahreszahlen der SWISS, welche einen Aufschluss über die Zukunftsaussichten der Firma geben werden, findet voraussichtlich in den nächsten Tagen statt.  Carsten Spohr, der Chef des Lufthansakonzerns, hat aber in der FAZ vom 10. Juli 2022 schon einmal durchblicken lassen, dass SWISS wohl als einzige Passagierfluglinie des Konzerns im laufenden Geschäftsjahr Gewinn machen wird. SWISS wird also im Bereich der Resultate ihrem Ruf als «Perle des Konzerns» auch in der Krise gerecht – notabene unter dem von der SWISS Geschäftsleitung als nicht krisenfähig bezeichneten GAV2018. «Die Tatsache, dass im Moment innerhalb und ausserhalb der Aviatik akuter Mangel an Arbeitskräften herrscht und die Gesamtarbeitsverträge deshalb bei vielen Wettbewerbern zugunsten der Arbeitnehmer angepasst werden, hat wohl eine Mehrheit unserer Mitglieder dazu gebracht, den GAV2022 abzulehnen», erklärt Clemens Kopetz.

Wie geht es weiter?
«Die Ja-Stimmenden sind wohl nicht wunschlos glücklich mit dem GAV2022 und die Nein-Stimmenden werden wohl auch nicht der Meinung sein, dass alles schlecht ist am heute abgelehnten Vertrag. Wir werden deshalb jetzt eine Umfrage bei unseren Mitgliedern durchführen», erklärt Clemens Kopetz das weitere Vorgehen. «Eines ist aber jetzt schon klar: Verbesserungen sind zwingend notwendig». 

Der AEROPERS-Vorstand und die Mitglieder wollen zeitnah zusammen mit der Geschäftsleitung der SWISS die Verhandlung wieder aufnehmen und zügig einen ausgewogenen und tragfähigen Abschluss finden. Falls die Geschäftsleitung die Zeichen der Zeit weiterhin nicht erkennt und nicht umgehend adäquate Lösungen anbietet, dann müssen die Pilotinnen und Piloten der Geschäftsleitung noch deutlicher zeigen, wie unzufrieden sie sind. 


Roman Kälin, Vorstandsmitglied, Mediensprecher             
Henning M. Hoffmann, Geschäftsführer, Mediensprecher

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